
Wir setzen über nach Barbuda und ankern im karibischen Traum, fühlen uns fast erschlagen von den unfassbaren Farben. Einfach paradiesisch. Hier gibt es nicht viel außer weißem Sandstrand, türkisem Wasser, blauem Himmel, ein paar Palmen und zwei berühmten Strandbars, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Robert de Niros "Nobu" und Enochs "Shak a Kai".
Im "Nobu" gönnen wir uns einen Drink um sagenhaftes Geld und machen einen Nachmittag lang auf Luxusurlaub in einer Kabana mit Handtuchservice. Ein paar Schritte weiter landen wir zum Abendessen Enochs "Shak a Kai". Hier bekommen wir um normale Summen, die von Seglern viel gerühmten gegrillten Langusten mit Folienkartoffeln und Knoblauchbutter - Enochs einziges Gericht auf der "Speisekarte". Es wurde uns nicht zu viel versprochen: die besten Langusten, die wir bisher gegessen haben.
Mit vollem Bauch lassen wir die Seele baumeln, gönnen uns noch ein Carib, stecken die Füße in den weißen Sand und versuchen uns diese unsagbaren Farben auf die Festplatte zu brennen.
Enoch organisiert uns einen Ausflug mit Guide George zu den Fregattvögeln (Fregate Bird Sanctuary). Bevor wir aber mit George zu den Vögeln in die Lagune düsen, müssen wir noch im Hauptort Codrington, einklarieren - in einem winzigen, bisschen windschiefen Häuschen. Die netten Beamten haben extra am Sonntag für uns ihre Pforten geöffnet - ohne Zusatzgebühr.
Auf Barbuda nistet eine der größten Fregattvogelkolonien der Welt - eine besondere Spezies mit sehr spezifischen Merkmalen. Sie ernähren sich von Fisch, sind aber keine Seevögel, haben also keine Schwimmhäute und auch kein geöltes Gefieder. Sie können deshalb nicht auf dem Wasser sitzen, sondern müssen sich ihre Beute im Flug geschickt mit dem Schnabel von knapp unter der Wasseroberfläche holen. Sie schnappen sich untereinander, aber auch gerne anderen Vogelarten, die Beute aus dem Schnabel, was nicht ganz ohne Kampf in den Lüften abgeht. Aber das Beeindruckendste ist der rote Kropf der Männchen.

Stolz sitzen sie in den Mangroven und hoffen darauf, mit ihren knallroten Ballons ein Weibchen beeindrucken zu können. Ist das geschafft, hütet das Männchen das einzige Ei, das Weibchen geht auf Nahrungssuche für den Gatten. Wenn die Küken schlüpfen, sind sie schneeweiß und warten zusammen mit dem Papa auf die Mama, um aus dem Kropf gefüttert zu werden. Ende März fliegen die Männchen auf die Galapagos Inseln, setzen sich dann dort mit rotem Kropf in die Mangroven und warten wieder darauf, auserwählt zu werden.
George bringt uns vorsichtig ganz nah an die Nester heran. Er kennt diese Vogelkolonie seit er sieben Jahre alt war und ist davon überzeugt, dass "these guys" (damit meint er die Vögel) ihn auch kennen und deshalb überhaupt keine Angst vor uns haben.
Es erscheint fast wie eine Laune der Natur: Vögel, die weite Strecken übers Meer fliegen, sich ausschließlich von Fisch ernähren, aber weder schwimmen noch tauchen können! Und es funktioniert!
Irgendwie hat uns Barbuda besonders berührt. Wir konnten einen kleinen Blick hinter die paradiesische Kulisse erhaschen. So hat er sich uns dargestellt und aus Gesprächen mit Einheimischen ergeben:

Einerseits ist Barbuda eine wunderschöne paradiesische Insel mit zwei kleinen Luxusresorts deren Gäste meist per Hubschrauber oder Privatflugzeug auf die Insel kommen. Auf der anderen Seite gibt es den kleinen, etwas heruntergekommen wirkenden Hauptort Codrington - ein verschlafenes Dorf mit schlechten Straßen. Am Straßenrand und in den Gärten der Häuser überall Gerümpel, es streunen Hunden, Ziegen und wilde Esel umher und es gibt sieben verschiedene Kirchen. Das schönste Haus, ist das des Governors. Ihm gehört auch die einzige Tankstelle auf der Insel. Jeden Tag bringt ein kleines Versorgungsschiff Güter aus Antigua, die zu hohen Preisen im einzigen Inselladen verkauft werden. Inselalltag auf einer kleinen, karibischen Insel mit nur 1600 Einwohnern.

George erzählt von Codringtons und Barbudas tragischer Geschichte. Nachdem die Sklaverei endlich verboten wurde, weigerte sich der einzige(!) Pächter und Plantagebetreiber der Insel - ein gewisser Lord Codrington, dies anzuerkennen und gründete kurzerhand seine eigene "Sklavenzuchtfarm" (welch widerwärtiges Wort!), um seine Plantage weiter gewinnbringend betreiben zu können. Ja, er exportierte sogar "well bred men" nach Antigua. Es dauerte ein paar Jahrzehnte bis ihm endlich das Handwerk gelegt wurde und er die Insel verlassen musste. Warum die einzige Ortschaft der Insel immer noch nach diesem Lord Codrington benannt bleibt, erscheint uns eigenartig. George erzählt, dass es immer wieder Bestrebungen gibt, dies zu ändern, es aber einfach nicht passiert.
Nach dem Verbot der Sklaverei wurde das Land auf Barbuda zu kommunalem Gut. Es gab keinen privaten Landbesitz und keine ausländischen Investoren. Seit dem Hurricane Irma von 2017, ist jedoch alles anders. Irma ist direkt über Barbuda gezogen und hat verheerende Schäden angerichtet: kein Haus blieb unversehrt, von tausenden Palmen einer florierenden Palmenplantage standen nur mehr zwei, die vom Meer durch einen Strand getrennte Lagune, hatte nach Irma einen offenen Meereszugang - "Irmas Mouth" genannt und es gab monatelang weder Wasser noch Elektrizität. Fast alle Bewohner mussten nach Antigua evakuiert werden und konnten erst nach Monaten wieder zurück. Für den Wiederaufbau, wurde viel Geld gebraucht und der bisher gelebte Kommunalbesitz fiel dem zum Opfer. Ausländische Investoren können jetzt Bauland für 100 Jahre pachten und es entstehen bereits neue Resorts und Luxus-Privathäuser an den wunderschönen, unberührten Stränden. Ein neuer Flughafen für Jumbojets ist in Bau.
Die einen freuen sich, dass mehr Touristen auf die Insel kommen werden, die anderen befürchten, dass die Insel überlaufen, ihre Strände verbaut und für sie selber unzugänglich werden.

Barbuda ist an einem Scheidepunkt angekommen. Mit der Beschaulichkeit und Einsamkeit, könnte es bald vorbei sein. Artikel darüber finden sich sogar in der New York Times.

Stay tuned!