Die Marina La Palma ist für ein paar Wochen unser Zuhause. Von hier aus werden wir uns auf den Weg machen, ein zweites Mal den Atlantik zu überqueren. Aber davon später.
Seit langem schon stehe ich mit Federico in Funkkontakt. Sogar auf unserer Reise mit der IDEMO habe ich schon mit ihm gefunkt. Jetzt endlich treffen wir uns persönlich! Federico ist Schweizer, lebt aber schon seit ewigen Zeiten auf La Palma. Er ist nicht nur Amateurfunker (EA8AEW), sondern auch Trans-Ocean-Stützpunktleiter und versorgt uns und alle durchkommenden TO-Yachten mit wertvollen Tipps, wo was auf La Palma zu bekommen ist. Federico und seine Frau sind im Laufe der Jahre echte Palmeros geworden, sie lieben ihr Leben auf der Insel sehr, obwohl es das Schicksal beim Vulkanausbruch Jahr 2021, nicht gut mit ihnen meinte.
Im September 2021 kam es auf der Westseite von La Palma zum längsten bekannten Vulkanausbruch, mit folgenschweren Schäden. Aus mehreren Spalten trat Lava aus und floss über die dicht besiedelte Ebene Aridane und über die Steilküste in den Ozean. Eine große Zahl von Häusern und viel landwirtschaftliche Fläche wurden zerstört, darunter auch Federicos Haus. Binnen weniger Stunden mussten er und seine Frau ihr Haus verlassen. Sie wurden von der Feuerweht evakuiert, Wenige Stunden nach der Evakuierung versank das Haus der beiden unter der Lava. Alles, wirklich alles, der gesamte Hausrat, jedes Fotoalbum, alle Bücher, die gesamte Amateurfunkausrüstung, Werkzeug, Kleidung, alles einfach weg. Es fällt nicht leicht so eine Geschichte zu hören. Wie macht man nach so einer Tragödie weiter, wie arbeitet man das auf? Federico sagt, dass sie beide immer noch an den Folgen dieses Schickschalschlags arbeiten, sie aber die Insel nicht verlassen wollen. Zum Glück waren Haus und Hof versichert und sie konnten sich wieder ein Zuhause auf La Palma schaffen. Wir sind tief berührt von der Offenheit und Stärke, die Federico an den Tag legt.
Santa Cruz de La Palma ist ein sehr hübsches Städtchen, überschaubar und unaufgeregt mit hübschen Gassen und bunten Häusern mit den typischen Balkonen.
Wir fühlen uns auf Anhieb sehr wohl. Es bleibt aber nicht viel Zeit, uns umzusehen, denn wir brechen zu einem Kurzbesuch in Österreich auf. Bevor wir für ein ganzes Jahr ausbleiben, gibt es zu Hause noch ein paar Sachen zu regeln.
Eine bittersüße Angelegenheit. Einerseits freuen wir uns sehr auf das Wiedersehen mit Familie und Freunden, andererseits reißt uns dieser Ausflug aus dem Bordleben und unserer Routine, die sich nach sieben Monaten Fahrtenseglerleben eingespielt hat. Es werden schöne, mit vielen Begegnungen und Terminen, angereicherte zwei Wochen. Am Ende fällt es uns schwer von zu Hause wieder Abschied zu nehmen und auf der Stravanza wieder zu 100% anzukommen. Zerrissen zwischen zwei Welten. Jammern auf höchstem Niveau, ich weiß.
Unsere Marina hat einen Pool. Ideal, die neu erstandene Schnorchelausrüstung zu testen und noch ein bisserl mit der Seele zu baumeln, bevor wir uns mit Vollgas in die Vorbereitungen für unsere zweite Atlantiküberquerung stürzen.
Ablenkungen nicht anzufangen, finden sich leicht. La Palma rühmt sich die Isla Bonita, also die schönste der Kanaren, zu sein und das können wir nicht so stehen lassen, ohne es selbst gesehen zu haben.
Bevor wir jedoch auf Erkundungsfahrt gehen, verabschieden wir noch Sabine und Daniel. Sie machen sich mit ihrer DEDICATION auf den Weg, direkt in die Bahamas zu segeln, müssen zeitgerecht dort sein, weil ihre Kids mit ihnen Weihachten in Georgetown feiern wollen. Flugtickets sind schon gebucht. Es tut uns leid, die beiden jetzt schon ziehen zu lassen. Zum Glück sind unsere Pläne sehr ähnlich und ein Wiedersehen im April 2025 in den Bahamas, ist fix vereinbart. Fair winds, euch beiden!
Uns zieht es auf die Königsroute von La Palma - die "Ruta de los Volcanes". Eine 17 Km lange Wanderung mit 700 Höhenmetern Aufstieg und 1400 Höhenmetern Abstieg über den Bergrücken der Cumbre Vieja, dem Rückgrat von La Palma.
Mit dem Taxi geht's noch bei Dunkelheit hinauf in die Berge. Unser Taxifahrer meint, es ist ein guter Tag "por caminhar" (zum Wandern) und ob wir eh "agua, comida y platanos" (Wasser, Essen und Bananen) mithaben. Gewissenhaft zählen wir unsere Vorräte auf - sogar zwei Bananen haben wir mit. Robert meint noch, sag ihm, dass wir eh auch einen Biwakasack dabei haben, aber so weit reicht mein Spanisch nicht. Sichtlich zufrieden hebt er den Daumen und lässt uns am Startpunkt aussteigen. Ich glaube, hätten wir das nicht bestätigen können, wäre der glatt mit uns umgedreht und hätte uns nicht aussteigen lassen.
Die Rota ist ein absolutes Highlight unserer Wandertouren auf den Kanarischen Inseln. Wieder ganz anders und einzigartig in ihrer Art. Es geht sanft hinauf durch unglaublich schöne Kiefernwälder bis wir auf 1932 Meter den höchsten Punkt erreichen und mit grandiosen Ausblicken zur Ost- und Westküste belohnt werden. Auf dem weiteren Weg sehen wir hinunter in die Ur-Caldera - die 1800 Meter tiefe Caldera de Taburiente. Von diesem Namen leitet sich der geographische Begriff "Caldera" für alle Einsturzkrater dieser Welt ab. Der Geologe Leopold von Busch, betrieb 1815 Vulkanismusstudien auf den Kanaren. Er entlehnte das Wort kurzerhand vom Namen "Caldera de Taburiente" und erhob "Caldera" zum Fachterminus.
Auf dem Bergrücken wandern wir auf feinem schwarzen Lavakiesel beqeum dahin. Überall wachsen aus dem schwarzen Boden hell- bis giftgrüne Kiefern. Überlebenskünstler. Diese Farbkombination bildet einen wunderschöner Kontrast zum blitzblauen Himmel. Es reiht sich Vulkankegel an Vulkankegel. Immer wieder bleiben wir stehen, um diese unglaubliche Landschaft zu bewundern.
Nach sieben Stunden landen wir müde aber sehr zufrieden im Dörfchen Los Canarios und steigen in den Linienbus nach Santa Cruz de la Palma. Nach so einem Tag brauchen wir Erholung. Der Pool der Marina ist bestens dafür geeignet.
Langsam gehen wir es dann aber doch an: Zuerst einmal müssen unsere Gasflaschen befüllt werden. Dazu brauchen wir ein Mietauto und wenn wir schon ein Auto haben, dann schauen wir uns auch den Norden der Insel an. Die Gasflaschen sind schnell befüllt und so bleibt genügend Zeit für einen Ausflug. Der Norden von Las Palmas ist übersät mit Bananenfeldern. So weit das Auge reicht, Bananen, Bananen, Bananen. Wunderschön grün anzuschauen.
In den Plantagen sind alle Reifegrade nebeneinander zu finden.
In unzähligen Kurven schrauben wir uns hinauf auf zum Roque de los Muchachos, dem mit 2426 Metern höchsten Punkt der Insel La Palma. Dort oben hat es nur mehr 7°C und der Ausblick in die Caldera de Taburiente, ist noch einmal dramatischer.
Auf dem Weg zum Roque de Muchacho kommt man am Observatorio des los Muchachos vorbei - eine Ansiedlung von Sternwarten, die gemeinsam das European Northern Observatory (ORM) bilden. Mehrere Europäische Länder sind an diesem Projekt beteiligt und es ist eine der weltweit wichtigsten Teleskop-Anlagen. Dieser Standort wurde gewählt, weil hier ideale klimatische Bedingungen herrschen. Im Abendlicht wirken die hochtechnischen Anlagen wie Gebilde aus einer anderen Welt.
So, jetzt gibt es aber keine Ausreden mehr. Jetzt wird es ernst. To-Do- und Einkaufslisten sind schon erstellt - jetzt müssen wir sie nur noch abarbeiten. Im Supermarkt unserer Wahl ist die Kokosmilch ausverkauft, auch die Regale mit Tomatendosen und Mehl sind ziemlich geplündert. Tahini und Currypaste sind überhaupt nicht zu bekommen. Dafür ist die Gazpacho schön lang haltbar - also wird's statt Curry und Hummus, öfter Gazpacho geben. Die Eier scheinen nicht frisch zu sein, werden wird also gemeinsam mit Obst und Gemüse, erst knapp vor der Abfahrt einkaufen. In die Wäscherei müssen wir, ein Ölwechsel steht an, am Großbaum muss eine Niete ersetzt, die Versicherung über den Wechsel des Fahrtgebietes informiert werden, Schiff putzen, alle Akkus laden, alle Seekarten aktualisieren, Vorab-Check-In auf Martinique online nicht vergessen, genügend Lesestoff besorgen, Grab-Pack packen, und, und, und...
Leider wird es sich nicht mehr ausgehen, die noch auf dem Weg liegende Kanareninsel El Hierro, anzulaufen. Gerne hätten wir das Cabo de Orchilla besucht, das bereits in der Antike als westlichster Punkt der bekannten Welt galt. Im 14. Jahrhundert wurden die Kanaren "wiederentdeckt" und 1634 wurde dieses Kap als Nullmeridian (Ferro-Meridian) festgelegt, 1885 wurde er durch den Greenwich-Nullmeridian abgelöst. Schade. Es geht sich aber leider nicht mehr aus dieses historische Kap zu bewandern. Doch zu oft am Pool gelegen.
Irgendwann in den nächsten Tagen ist dann alles fertig und wir werden auf den Atlantik hinaus segeln. Knappe 3000 Seemeilen ist die Überfahrt von den Kanaren nach Martinique. Es wird unsere bisher zweitlängste Überfahrt. Hinter all den Erledigungen und Besorgungen, stellen sich langsam Aufregung und Vorfreude ein.
Wer uns verfolgen möchte, kann dies tun auf: https://winlink.org/userPositions
Über Amateurfunk melden wir einmal täglich an Winlink.org unsere aktuelle Position. Um uns zu finden, im Kasterl links oben, mein Amateurfunkrufzeichen, ZL1IST, eingeben und "Find" anklicken. Dann sollte die aktuelle Position der Stravanza zu sehen sein.
Stay tuned!