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Kanaren - La Graciosa

La Graciosa, im Norden der Kanarischen Inseln
La Graciosa, im Norden der Kanarischen Inseln

Zwei Tage auf See befördern uns vom dichten Grün Madeiras, in die Mondlandschaften der Kanarischen Inseln. Das Auge muss sich erst an das Karge und Schroffe gewöhnen - weit und breit nichts Grünes, nur Sand und Felsen. Ein wunderschöner Kontrast zum Blau und Türkis des Ozeans.

Die kleine Insel La Graciosa im Norden von Lanzarote, ist unser erster Ankerplatz und wir schwelgen in Erinnerungen. Vor zwanzig Jahren waren wir schon einmal hier - mit unserem ersten  Schiff, der IDEMO. Nach einer fünftägigen Überfahrt von Gibraltar aus, fiel unser Anker in dieser Bucht. Es war unsere erste lange Passage auf dem Atlantik, das erste Mal segeln im Passat, das erste Mal tagelang unterwegs. Und hier trafen wir das erste Mal auf das "segelnde Dorf" - eine weitgereiste Fahrtenseglercommunity aus aller Herren Länder - Kanadier, Amerikaner, Neuseeländer, die sich quausi auf dem "Rückweg" ihrer Weltumsegelung befanden. Hier war auf einmal alles so, wie wir es in unzähligen Büchern über Langfahrten gelesen hatten und hier spürten wir das erste Mal, dass wir dazu gehören und ebenso auf "großer Fahrt" sind. Das Gefühl eine Ozeanpassage gut gemeistert zu haben, war großartig. Es war ein sehr emotionaler Moment damals. Heute liegen wir hier vor Anker und können es nicht fassen, wie schnell 24 Jahre vergangen sind - nicht ganz ohne Spuren an uns und unserer Umwelt.

Playa da Francesca - La Graciosa
Playa da Francesca - La Graciosa

Vom Ankerplatz ist es ein sehr netter Spaziergang in den kleinen Ort Caleta del Sebo. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: im Ort gibt es nach wie vor nur Sandstraßen, zwei kleine Supermärkte, eine Bäckerei und kleine Tapasbars. 

Wir sind in Spanien und an jetzt gibt es zum Sundowner "Estrella Galicia" und nicht mehr "Superbock", das wohlschmeckende portugiesische Bier mit dem für meinen Geschmack, echt blöden Namen. Abends wird es sehr ruhig und beschaulich im Ort. Zurück zum Ankerplatz wandern wir unter einem wunderschönen Sternenhimmel den Strand entlang. Outback-Feeling kommt auf.

Natürlich müssen wir - wie schon beim ersten Mal, wieder auf den Berg in unserer Bucht! Wegen der Aussicht und aus nostalgischen Gründen. 

Anna, 2000 am Beginn der großen Reise
Anna, 2000 am Beginn der großen Reise

Anna war knappe vier Jahre alt, als wir das erste Mal hier waren und sie war natürlich mit uns da oben. Zurück an Bord kramen wir die alten Foto heraus. Heute vermissen wir unser Kind ganz besonders.

Mehr nachzulesen über unsere Reise mit der IDEMO gibt's hier: www.3umdiewelt.info  

La Graciosa ist für die meisten Segler, die auf dem Weg nach Westen sind, immer noch der erste Ankerplatz nach der Überfahrt aus Europa. Die Bucht ist ziemlich voll. Hier treffen wir Sabine und Daniel aus der Schweiz auf ihrem Katamaran DEDICATION. Am Heck der DEDICATION steht eine Peitschenantenne - ein sicheres Zeichen dafür, dass Amateurfunk an Bord ist. Leider sind wir segelnden Amateurfunker:innen - die Maritime Mobiles, eine aussterbende Spezies. Starlink, Iridium, Satellitenhandys usw. sind einfacher zu bedienen, es muss keine Lizenz erlangt werden, über Satellit empfangene Wetterdaten sind umfangreicher, Internetzugang ist praktisch immer möglich und so entscheiden sich nicht mehr viele Segler für eine Langfahrt, Amateurfunk Bord zu haben. Aus diesen Grund ziehen mich Peitschenantennen am Heck einer Yacht magisch an. Mit dem Dinghy düsen wir rüber zur DEDICATION und stellen uns vor. Es stellt sich heraus, Daniel und Sabine sind beide keine Amateurfunker - Antenne und Anlage waren bereits an Bord, als sie den Kat vor langer Zeit gekauft haben. Sie haben das Funkgerät nie benutzt aber auch nicht entsorgt. Wir kommen trotzdem schnell ins Plaudern und der  Amateurfunk beweist wieder einmal sein verbindendes Element! Wegen einer Starlink-Antenne hätten wir sicher nicht ans Heck der DEDICATION geklopft und Sabine und Daniel eventuell nie näher kennengelernt, was sehr, sehr schade gewesen wäre, denn mittlerweile sind sie liebe Freunde geworden mit denen wir schon den einen und anderen anregenden Abend verbracht haben.

Die Zeiten haben sich nicht nur kommunikationstechnisch geändert. Im Vergleich mit damals, sind viel größere Schiffe und sehr viel mehr Katamarane unterwegs. An einem Tag liegen sogar mehr Kats als Monos hier vor Anker! Unsere Stravanza gehört mit ihren stolzen 13 Metern zu den eher kleineren Schiffen der Langfahrtenseglerszene 2024... Was aber nicht heißen soll, dass "gestern" alles besser war, es war eben anders. Auch wir denken über Starlink & Co. nach. Wahrscheinlich werden wir über kurz oder lang eine dieser neuen Technologien an Bord installieren. Der Gedanke  und die Bereitschaft für die Investition, muss noch reifen.

SY - NORDWIND in der Bucht Playa da Francesca - La Graciosa
SY - NORDWIND in der Bucht Playa da Francesca - La Graciosa

Gleich beim Einlaufen hören wir ein herzliches "Griaß Eich!" und von einem der Ankerlieger sehen wir zwei Menschen fröhlich winken. Erst jetzt fällt uns die österreichische Flagge auf! Wie schön! Österreichische Nachbarn! Die Steirer Roland und Reanda - unterwegs mit ihrer hübschen NORDSTERN, kommen für einen gemütlichen Kaffeeplausch zu uns an Bord. Wir freuen uns immer Landsleute zu treffen und ohne Sprachbarrieren drauflos plaudern zu können! 

Und es gibt auch noch die (für mich) wahren Helden unter den Fahrtenseglern, die mit zum Teil aberwitzig kleinen Booten und minimaler Ausrüstung lange Ozeanpassagen segeln! Wie Christian aus Deutschland, der mit seiner 6,50 Meter kleinen VOY VOY von der Westküste Portugals nach La Graciosa gesegelt ist. Er hatte eine raue Überfahrt, hat er uns erzählt. Ich empfinde wahre Ehrfurcht.

SY - VOY VOY in der Bucht Playa da Francesca - La Graciosa
SY - VOY VOY in der Bucht Playa da Francesca - La Graciosa

Um so richtig anzukommen, gönnen wir uns einige Tage auf diesem herrlichen Ankerplatz bevor wir uns auf den Weg nach Lanzarote machen.

 

 

Stay tuned!