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Abschied von der Bretagne und "Hola, Galicia!"

Auch Frankreich ist im EURO-Fußballfieber. Das Match Österreich gegen Frankreich, schauen wir uns in der kleinen Bar der Marina Pornic an. Dummerweise outen wir uns als Österreicher und bekommen prompt einen Promi-Platz direkt vor dem Bildschirm. So sitzen wir quasi in der Auslage. Bei Pizza und Bier verfolgen wir das Spiel. Das Eigentor ist zwar etwas peinlich, aber immerhin bekommen die Franzosen selber kein Tor zusammen. Der französische Kommentator lobt unsere Burschen nach dem Match. Unsere Mitzuseher sind sichtlich nicht wirklich happy über diesen Sieg, nehmen uns aber die gebrochene Nase ihres Superstars übel... Ein alles in allem vergnüglicher Abend!

Am nächsten Morgen laufen wir still und leise aus der Marina Pornic aus. Heute ist die See spiegelglatt und wir fahren erst einmal etliche Kreise um den spinnenden Autopiloten zu kalibrieren. Unsere Hoffnung ist, dass er sich nur wieder neu orientieren muss, um ordentlich zu steuern? Und tatsächlich - nach ein paar Runden kennt er sich wieder aus und macht was er soll! Juhuu! Wie schön, wir brauchen keinen teuren Reparaturstopp in Les Sables und könnten jetzt gleich nach Spanien segeln! Der Check auf Windy bestätigt, das Wetterfenster wäre ideal! Es verspricht uns moderate und stetige Nordwestwinde für die nächsten drei Tage. Damit sollten wir die 300 Seemeilen über die berühmt berüchtigte Bay of Biscay bequem in unserem Kielwasser lassen können.

Also richten wir spontan unseren Bug statt Richtung Les Sables d'Olonne, nach Südwesten und stellen uns für 3 Tage auf See ein. Auch wenn eigentlich zu wenig Baguette an Bord ist und ich zum Abschied gerne noch einmal Austern in der Markthalle von Les Sables genießen wollte... Dieses Wetterfenster ist einfach zu ideal, das müssen wir nützen. 

Gleich nach der Entscheidung auf den Ozean hinaus zu fahren, springen Delfine um uns herum, als wollten sie uns zurufen "welcome back!" Sobald Delfine am Bug sind, lässt ja bekanntermaßen die navigatorische Vorschau von Segelcrews nach und so bemerken wir nicht gleich, dass die beiden Boote da rechts voraus Berühmtheiten sind - nämlich die Pen Duick und die Pen Duick V, Schiffe, die einst Eric Taberlys gehörten und jetzt von seiner Tochter gesegelt werden. Zwei Legenden kreuzen wieder einmal unseren Kurs - fast schon eine Gewohnheit hier. 

Wir nehmen jetzt Abschied von dieser in so vieler Hinsicht traumhaften Küste: Au revoir, meine geliebte Bretagne! Ich werde Dich sehr vermissen!

Der erste Tag auf der Biscaya ist sehr ruhig und ein besonders schöner Sonnenuntergang leitet die erste Nacht auf See ein.

Stravanza segelt gemütlich dahin, am Heck gurgelt es lauschig und bald blinken viele Sterne vom dunklen Himmel. Nach langer Pause gehe ich wieder einmal "QRV" am Amateurfunk und es gelingen ein paar gute Verbindungen bis in die Ukraine und nach Kalifornien. Ein schöner Zeitvertreib während der Nachtwache!

Nach Mitternacht löst mich Robert ab und ich kann mich für 6 Stunden in meine Koje kuscheln. Was für ein gelungener Start zurück ins Fahrtenseglerleben!

 "Wir müssen das Steuerrad abmontieren, der Windpilot hat sich locker gerüttelt." - mit dieser Nachricht holt mich Robert beim ersten Tageslicht wieder aus der Koje. Na super... Es gibt wirklich immer wieder was Neues zu erleben auf so einem Boot. Demontage des Ruders auf See, während das Boot segelt? Hatten wir eh noch nie, muss auch einmal sein, oder? Während unter den Grätings, der elektrische Autopilot weiter steuert, schrauben wir das Steuerrad von der Steuerkonsole, immer sorgsam darauf achtend, dass es sich auf keinen Fall Richtung Ozean verabschieden kann. Das wäre der Supergau! Es ist ein sehr ungutes Gefühl das Ruder während der Fahrt abzumontieren und auch ein skurriler Anblick, es nicht an seinem Platz zu sehen. Dem Himmel sei Dank, alles klappt problemlos, kein Teil geht verloren, wir können alles wieder montieren und festschrauben. Die Windfahne steuert wieder. Uff... 

Der zweite Tag auf See gestaltet sich komplett grau in grau mit viel Welle und Schaukelei. Unter Reff 2 und Fock rauschen wir dahin. Weit und breit keine Schiffe, nur die einzige ODAS Boje in dieser Gegend, liegt natürlich wie ausgerechnet direkt auf unserer Kurslinie und wir müssen ein Manöver fahren - das einzige dieser Überfahrt. Wie vorausgesagt, nimmt der Wind in der zweiten Nacht weiter zu. Es wird rauer mit viel Regen und noch mehr Seegang. Wie gut, dass der Wind achterlich kommt und die Windfahne das alles mühelos steuert. Trocken und warm schauen wir ihr dabei vom Niedergang aus zu und düsen mit bis zu 7 Knoten Galizien entgegen. 

Am dritten Tag auf See scheint wieder die Sonne und am Nachmittag kommt Land in Sicht! Plötzlich ist auch wieder Verkehr - Fischer und Segelboote! Hoch am Wind segelnd kommen uns auf unserer direkten Kurslinie Segler entgegen. Sie wollen in die andere Richtung über die BIscaya - ab morgen soll ja für zwei Tage lang Südwind wehen. Für unsere Überfahrt hat die Prognose jedenfalls gestimmt, das wünschen wir den Kollegen auch und winken fröhlich hinüber. 

Bis A Coruna sind es noch 25 Seemeilen, aber das geht sich mit Tageslicht nicht mehr aus und so laufen wir etwas nördlicher schon in Cedeira ein, lassen den Anker fallen, wechseln die Gastlandflagge, gönnen uns noch eine kleine Jause mit Anlegerbier und fallen müde in die Kojen.

Am nächsten Tag geht's an Land. Ja, wir sind eindeutig in Spanien, am Steg werden wir freundlich mit "Hola" begrüßt! Im hübschen Ort Cedeira finden wir einen kleinen Platz mit Puppenstubenambiente und einen gut sortierten Supermarkt mit frischem Brot und schöner Fischabteilung. Natürlich gönnen wir uns in einer kleinen Bar das erste "Estrella Galicia".  

Aus unserem Plan uns einen Restaurantbesuch zu gönnen, um den galizischen Köstlichkeiten zu frönen, wird nichts. Zu unserer Verwunderung sind nur Bars und Cafes ohne Speiseangebot geöffnet. Alle Restaurants sind geschlossen und das dem Anschein nach nicht nur heute? Kurzerhand stapft Robert zurück in den Supermarkt und ergattert in der Fischabteilung das letzte Sackerl Navajes. Das sind köstliche Schwertmuscheln, die wir besonders gerne mögen.

 

Kochen wir uns halt die galizischen Köstlichkeiten selber an Bord!

Stay tuned!