Es fällt nicht leicht Abschied von Island zu nehmen, aber der Respekt vor dem nahenden Isländischen Herbst und eventuellen vorwitzigen, ersten Vorläufern von Winterstürmen, lässt uns die Rückreise in den Süden antreten. Auf das entsprechende Wetterfenster für die Überfahrt nach Schottland haben wir lange genug warten müssen. Gemeinsam mit Pat Panick und Migaloo laufen wir aus und schießen voneinander sehr schöne Fotos unter Segeln, bevor wir uns aus den Augen verlieren. Lange noch sehen wir den beeindruckenden Vatnajoküll - Islands größten Gletscher am Horizont. "Bless, Island, du erstaunliches, ungeheuer beeindruckendes Fleckchen Erde!", rufen wir ihm zu. Wir kommen wieder!
Vor dem Hafen steht eine alte Welle, die das durchgezogene Tief dagelassen hat. MEINE Welle...... Jene Welle, die auf jede Seefahrer*in auf einem der Weltmeere lauert. Hier, an der Südküste Islands hat sie also auf mich gewartet - meine Welle, die mir für die ersten zwei Tage dieser Überfahrt, einen reichlich flauen Magen, für mich absolut unübliche Appettitlosigkeit und bleierne Müdigkeit verursacht.
Die Dünung steht aus allen Richtungen und wir wechseln ständig zwischen Motoren und Segeln. Mühsam. Erst nach zwei Tagen kommen wir aus dieser unangenehmen Welle heraus und in stetigere Winde aus der richtigen Richtung. Dann geht's aber dahin! Wir rauschen nur so über den Nordatlantlik. Bald segeln wir nur mehr mit Fock und im zweitem Reff. Stravanza und die Windfahne sind ein gutes Team und schaffen das mühelos. Auf der Stravanza stellt sich sowas wie eine Passagenroutine ein: Wache gehen, schlafen, essen, Etmal einzeichnen, kochen, Wale, Delphine und Vögel beobachten, funken und Wetterbericht einholen, lesen, dösen.... und dann wieder von vorne.
Leider gesellt sich zum Wind auch Dauernieselregen. Segelmanöver, Kurskorrekturen und Ausschau Halten gestalten sich nass und unangenehm. Das Gustostückerl gibt's auf den letzten 40 Seemeilen als wir den Butt of Lewis runden: Drittes Reff, dichter Nebel und Nieselregen. Im dichten Nebel und unter heftigen Fallböen tasten wir uns in den inneren Hafen von Stornoway. Hier herrscht auf einmal fast Windstille. Gut für's Anlegemanöver im engen Hafen!
In Stornoway ankommen, fühlt sich fast an wie nach Hause Kommen. Wir werden von einem Team Immigration Officers "gestürmt", die mehr am Schiff als an unseren Pässen interessiert sind. Dann bringt uns der Hafenmeister die Zugangscodes für Steg und Dusche, schaltet uns den Strom frei und wir sind angekommen.Fünf Tage auf See liegen hinter uns und wir sind etwas aufgekratzt. Es ist früher Nachmittag - also schnell bisserl aufräumen, duschen, ins Pub auf Fish&Chips und ein Ale. Danach stellt sich große Müdigkeit ein und wir fallen in die Koje! Der nächste Tag ist voll verregnet - die beste Ausrede für einen faulen Tag an Bord!
Stornoway ist ein charmantes, kleines Städtchen mit einer netten Marina, urigen Pubs, guten Supermärkten und schöner Umgebung. Hier feiern wir Roberts Geburtstag und spazieren über sanfte Hügel mit schöner Aussicht auf "The Minch".
Irgendwie sind wir ein wenig ausgelaugt nach unserem intensiven Islandabenteuer und der Überfahrt hierher. Ohne Schottlands Schönheit schmälern zu wollen, sind wir dankbar für die "undramatische" Landschaft durch die wir hier schlendern dürfen. Anscheinend brauchen wir wirklich ein wenig Erholung. Selbst das Wetter gestaltet sich sanft mit Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen von 20°C! "We are having a heatwave!", meint der Hafenmeister beim Auschecken.
Und so kommt es uns auch vor! Beim Segeln brauchen wir keine Merinounterwäsche und in den Segelstiefeln wird es uns zu warm. Auf der Insel Skye wandern wir in kurzen Ärmeln auf einen der Three Chimneys. Dort hinauf gibt es keinen Pfad. Wir kämpfen uns steil hinauf durch Heidekraut und Farne und genießen unser Picknick bei Windstille und Sonnenschein am Gipfel. Am Ankerplatz vor Dunvegan Castle, nehmen wir den Sundowner barfuß an Deck! Die Seelöwen in der Bucht sonnen sich im goldenen Licht und lugen neugierig zu uns herüber. Nachts haben wir sogar die Luke offen! Es ist Sommer!
Das schöne Wetter ist leider sehr windarm und beschert uns einen Motortag zur Insel Canna. Auf dem Weg dorthin begleitet uns eine große Schule von Delphinen. Egal wie oft ich das schon gesehen habe, es ist immer wieder aufregend und schön wenn sie so nahe kommen und wir uns gegenseitig beobachten können - die Delphine uns von unten, wir sie von oben. Ich bin davon überzeugt, dass sie mit uns kommunizieren wenn sie uns ihren Bauch zeigen und wir sie quietschen hören können. Ich sitze dann am Bug und quietsche und jauchze mit!
Canna ist ein Kapitel für sich. Ein wunderschöner Ankerplatz und sehr sicher. Das schöne Wetter wird nämlich bald zu Ende sein. Es ist ziemlich viel Wind aus Südwest mit Regen angesagt... na ja, ist halt so... Aber es ist uns noch ein lauer Abend beschert. Zum Sundowner sitzen wir mit andern Seglern auf Holztischen vor dem örtlichen Pub in T-Shirt und Schlapfen und versichern uns gegenseitig, "what a lovely day!" das ist.
Selbst den Canna-Circuit, eine Wanderung rund um die Insel die steilen Klippen entlang, machen wir noch bei teilweise Sonnenschein. Getreu der Schottischen Seefahrertradition pflücken wir Heidekraut für STRAVANZAS Bug. Wir dürfen wieder einmal "Ausstecken" auf der STRAVANZA, weil wir ja nördlich von Ardnamurchan Point segeln.
Aber dann geht's los mit Regen und Böen und wir verbringen einen faulen Tag an Bord. Ideal zum Fotos sortieren, Blog schreiben, weitere Route planen, was Gutes kochen, das Boot putzen muss auch wieder einmal sein.... Fad wird uns nicht!
Und die Heizung läuft auch wieder....
Von einer netten Begegnung auf See muss ich auch noch berichten! Ich liebe ja unser AIS und oute mich hiermit, dass ich es hauptsächlich dazu nutze um uns herum befindliche Schiffe zu stalken - so definiert es Robert. Ich meine, das ist ein netter Nebeneffekt, den ich gerne nutze. Vor ein paar Tagen hatte ich ein Segelboot mit dem schönen Namen STRAVAIGIN auf dem AIS. So eine Ähnlichkeit mit STRAVANZA, dachte ich und googelte was das bedeuten könnte. Und wirklich - es ist das schottische/gaelische Wort für Strawanzer, hat den selben Wortstamm vom italienischen "stravagante" und bedeutet: to wander aimlessly with intent (mit Absicht ziellos umherwandern). Natürlich musste ich die STRAVAIGIN anfunken und es ergab sich ein nettes Gespräch mit dem Skipper, dem die Namensähnlichkeit auch aufgefallen war. Ganz eindeutig mag er seinen Bootsnamen, so wie wir unseren!